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Abschlusstagung 2015 1. Workshop, 06.02.2013: Ländlichkeit und Sicherheit 2. Workshop, 05.02.2014: „Hier ist die Welt noch in Ordnung ?!?“: Soziale Kohäsion und Sicherheit im ländlichen Raum

Tagungsankündigung:

„Sicherheit im ländlichen Raum: Analysen – Ergebnisse – Perspektiven“
Abschlusstagung des BMBF-Verbundprojektes „Sicherheitsmentalitäten im ländlichen Raum SIMENTA“
Tagungsort: Universität Vechta – Raum: Kirche am Campus (Seminarraum)
Datum: 28.01.2015

Zusammenfassung:

Fragen des alltäglichen Umgangs mit Sicherheit und Kriminalität in ländlichen Räumen oder kleinstädtischen Zusammenhängen wurden bisher wissenschaftlich nur unzureichend untersucht. Selbiges gilt für die Rolle von Unsicherheits- und Toleranzwahrnehmungen im Zusammenhang mit der Produktion ländlicher oder kleinstädtischer Räume.

Dabei scheinen gerade diese Wahrnehmungen durch eine vor Ort hohe informelle Kontrolle, ein ausgeprägtes Beziehungsgeflecht zwischen unterschiedlichen Gruppen oder aber durch eine relative Homogenität und Kohäsion geprägt. Wie sich diese Belange „vor Ort“ rekonstruieren lassen und welche Schlussfolgerungen hieraus für Wissenschaft, Stadtentwicklung, Präventionsplanung oder Soziale Arbeit abgeleitet werden können, sollen im Rahmen der Abschlusstagung genauer betrachtet und zur Diskussion gestellt werden.

Kontakt für Rückfragen zur Tagung:  sascha.schierz@uni-vechta.de
Kontakt für Anmeldung: helga.boeske@uni-vechta.de

Tagesplanung:

09:00 Welcome Coffee
09:30 Begrüßung und einleitende Worte (Prof.´in Dr. Nina Oelkers, Universität Vechta)
09:45 – 10:30 Gewalt und Toleranz im ländlichen Raum (Arbeitstitel, Bernd Geng, Universität Greifswald)
10:30 – 11:00 Kommentare aus einer urbanen Perspektive: Dr. Joachim Häfele (Hafen City University Hamburg) und Dr. Aldo Legnaro (Institut für Sicherheits- und Präventionsforschung, Hamburg)
11:00 – 11:15 Pause
11:15 – 12:00 Warum Sicherheitsmentaltiäten als Analyseraster? (Prof.´in Dr. Daniela Klimke, Polizeiakademie Niedersachsen, Standort Nienburg)
12:00 – 13:00 Mittagspause
13:00 – 14:30 Vertrauen im Kontext lokaler (Sicherheits-) Identitäten: Eine differentiell-psychologische Perspektive. (Prof. Dr. Martin Schweer, Universität Vechta)Sicherheitsrelevante Nachbarschafts- und Vergemeinschaftungsdynamiken in ländlich geprägten Räumen. (Prof.´in Dr. Yvette Völschow, Universität Vechta)
14:30 – 14:45 Pause
14:45 – 16:00 Podiumsdiskussion Sicherheitsmentalitäten und rurale Vergemeinschaftungsprozesse? Kommentare aus Wissenschaft und Praxis (Moderation: Detlev Lindau-Bank, Universität Vechta)

Fragen der Sicherheit prägen im bundesdeutschen Alltagsleben Wohnortentscheidungen, Lebensqualitätseinschätzungen, Risikowahrnehmungen und generellere Unsicherheitslagen. Für weite Bevölkerungssegmente sind sie Teil der Handlungsroutinen geworden, mit denen sie ihren Alltag bewältigen. Dabei wird Kriminalität und Sicherheit sowohl in wissenschaftlichen wie in politischen und öffentlichen Debatten weitestgehend mit städtischen Problemlagen assoziiert, während ländliche und kleinstädtische Räume als sicher, geordnet und integriert betrachtet werden. Vor allem die informelle Sozialkontrolle scheint hier eine Bastion zu haben, die eine geringere Kriminalitätsrate und höhere soziale Einbindung außerhalb der Metropolen sichert.

Entgegen dieser idealisierenden Sicht und der damit einhergehenden starken Unterscheidung von Stadt und Land, haben sich allerdings tendenziell die Lebensstile der Bevölkerung angeglichen, wie es auch in ländlichen Räumen zu einer ausgeprägten Differenzierung unterschiedlicher Lebensentwürfe bei häufig wachsender Mobilität gekommen ist. Die Sichtweise ländlicher und kleinstädtischer Räume als tendenziell kriminalitätsarm und geordnet erweist sich sozialwissenschaftlich betrachtet schnell als Idealisierung, hinter der soziales, politisches wie polizeiliches Handeln vor Ort leicht verschwinden.

Eine genauere Auseinandersetzung mit Fragen ländlicher und kleinstädtischer Sicherheitsdeutungen, informeller Sozialkontrolle und Kohäsion hat sich auch das im Februar 2012 gestartete und im Rahmen der Bekanntmachung „Sicherheitsökonomie und Sicherheitsarchitektur (Gesellschaftliche Dimensionen der Sicherheitsforschung II)“ als Teil des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ der Bundesregierung geförderte Verbundprojekt „SIMENTA Sicherheitsmentalitäten im ländlichen Raum“ zwischen der Universität Vechta und der Polizeiakademie Nienburg zum Ziel gesetzt.

Unter dem analytischen Konzept der Sicherheitsmentalitäten werden exemplarisch die Landkreise Vechta und Cloppenburg mit Rückgriff auf verschiedene qualitative wie quantitative Methoden betrachtet. SIMENTA untersucht über drei Jahre hinweg, wie sich spezielle Praktiken und Methoden im Umgang mit Kriminalität und Unsicherheiten in ländlichen und kleinstädtischen Regionen äußern und wie diese entstanden sind beziehungsweise vor Ort wirken. Ein Ziel dieser Forschungen ist es unter anderem, Impulse für Praktiken im Umgang mit aktuellen sicherheitskulturellen Herausforderungen zu entwickeln

Workshop-Programm:

10:00 – 10:15 Eröffnung und Begrüßung, Prof. Dr. Nina Oelkers
10:15 – 10:30 Projektskizze SIMENTA – Sicherheitsmentalitäten im ländlichen Raum, Prof. Dr. Nina Oelkers, Dr. Sascha Schierz
10:30 – 11:00 Vertrauen im Konzept der Sicherheitsmentalitäten, Prof. Dr. Martin Schweer
11:00 – 11:45 Wach- und Schließgesellschaft? Großstädtische Sicherheitsmentalitäten am Beispiel Hamburg, Prof. Dr. Daniela Klimke
11:45 – 13:00 Mittagspause
13:00 – 14:30 Workshop: Ländlichkeit und Sicherheit – Erstellung von Sicherheitskarten,
Marlene Tietz
14:30 – 14:45 Pause
14:45 – 15:15 „Hier scheint die Welt noch in Ordnung…“ – Sicherheitsbezogene Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster professioneller Akteure im ländlichen Raum, Prof. Dr. Yvette Völschow, Marlene Helms
15:30 – 16:00 Schlussfolgerungen, Interessen und Perspektiven, Prof. Dr. Nina Oelkers

Was hält die Gesellschaft zusammen? Wie werden Gewalt, Kriminalität und soziale Konflikte auch jenseits direkter staatlicher Intervention moderiert? Wie wirkt informelle soziale Kontrolle und welche Grundlagen müssen hierfür geschaffen werden? Dies sind zentrale Fragen sowohl der Sozialwissenschaften als auch der modernen Sozial- und Kriminalpolitik. Gerade vor dem Hintergrund von Globalisierung, Individualisierung und zunehmenden gesellschaftlichen Spaltungen, aber auch gesellschaftlicher Innovation erhalten Fragen von Vielfalt und Zusammenhalt eine besondere Bedeutung. Offen bleibt, wie auch in spätmodernen Gesellschaften Kohäsion und Differenzierung wirken. Welchen Herausforderungen müssen sich hier Akteure der Verwaltungen, der Politik, der Polizei, aber auch der Sozialen Arbeit stellen, wenn es um Fragen unterschiedlicher Normhorizonte wie gesellschaftlicher Ordnungs- und Sicherheitsvorstellungen geht?

Die Diagnose einer zunehmenden Vielfalt mit einem einhergehenden Anwachsen sozialer Problemlagen wird traditionell eher städtischen Regionen zugeschrieben, denen dann ein Zusammenhang mit sozialer Desintegration unterstellt wird, der sich häufig als ein Anstieg von Kriminalität und Gewalt ausdrücke. Die klassische Wahrnehmung von ländlichen Regionen oder Kleinstädten hingegen impliziert, „dass hier noch die Welt in Ordnung ist“. Informelle Sozialkontrollen und gesellschaftliche Integration stellten sich nahezu naturwüchsig ein. So zumindest eine weitverbreitete Deutung. Doch auch gerade ländliche Regionen geraten in der Bundesrepublik verstärkt seit den 1990er Jahren unter Druck.

Sie sind herausgefordert sozialen, ökonomischen wie demographischen Wandel erfolgreich zu bewältigen. Es gilt somit die Frage aufzugreifen, wie vor dem Hintergrund gewachsener sozialer und politischer Herausforderungen Kohäsion in ländlichen und kleinstädtischen Regionen hergestellt wird oder wann und wie sie unter Druck gerät. Wie wird hier mit einer gewachsenen Vielfalt im Sinne von unterschiedlichen Lebensentwürfen und –stilen, aber auch vor dem Hintergrund von Globalisierung und Migration „vor Ort“ umgegangen? Münden sie „zwangsläufig“ in einem Anwachsen von Konflikt- und Problemwahrnehmungen oder gar einem Anstieg der registrierten Kriminalität? Aber dieser Blick lässt sich auch umdrehen: lassen sich vielleicht im ländlichen Raum Wirkweisen und Bedingungen von Kohäsion bestimmen, die für eine Arbeit mit städtischen Problemlagen neue Sichtweisen eröffnen?

Folgende Fragen und Problemstellungen werden im Workshop genauer in den Blick genommen:

  • Wie wird Kohäsion gegenwärtig in der Politik und Wissenschaft zum Thema und welche Modelle und Lösungen werden hier diskutiert?
  • Wie werden gesellschaftliche Problemlagen aus dem Blick der Bevölkerung und professioneller Akteure vor Ort beschrieben?
  • Welche Konfliktwahrnehmungen, Problemlagen und Umgangsstrategien lassen sich hin auf ländliche und kleinstädtische Regionen rekonstruieren?
  • Welche Rolle kommt hierbei der Kriminalität zu und wie ist sie in Etablierte-Außenseiter-Beziehungen eingebunden?

Zeitplan

09:30 – 10.00 Welcome Coffee
10.00 – 10.15 Begrüßung (Nina Oelkers, Universität Vechta)
10.15 – 11.00 Stadt als Ort und Stadt als Nicht-Ort (Aldo Legnaro, Institut für Sicherheits- und Präventionsforschung, Hamburg)
11.00 – 11.45 „Hier scheint die Welt noch in Ordnung…“ – Sicherheitsbezogene Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster professioneller Akteure im ländlichen Raum (Yvette Völschow, Universität Vechta)
11.45 – 12.45 Pause
12.45 – 13.30 Zum Einfluss von Etablierten-Außenseiter-Konflikten im Kontext ländlicher Sicherheitsmentalitäten (Daniela Klimke/Marlene Tietz, Polizeiakademie Nienburg)
13.30 – 14.15 “Kriminalität passiert wo anders“: Ländliche Räume zwischen Kohäsion, informeller Kontrolle und ontologischer Unsicherheit (Nina Oelkers/Sascha Schierz, Universität Vechta)
14.15 – 14.30 Pause
14.40 – 15.15 Differentialität im Rahmen von Sicherheitsmentalitäten am Beispiel ausgewählter Persönlichkeitsmerkmale (Universität Vechta)
15.15 – 15.30 Schlussfolgerungen und Perspektiven